Borg/borg
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Lebenslauf/curriculum vitae
Impressum/imprint
Texte/texts

BORG bin ich/BORG IS ME
Entwurf für Borg/A draft for BORG
Schluesselfertig/Turnkey
SCHLÜSSELFERTIG

Vor sieben Jahren hatte er mich gebeten, ihm ein Haus zu bauen. Jetzt ist es fertig und er unterwegs, um es sich anzusehen. Gegen zwei Uhr sind wir im Hauptbahnhof BORG verabredet. Das Cafe, in dem ich auf ihn warte, passt sich der muschelförmigen Anlage des Bahnhofs an, die von einer Cyprina islandica abgeleitet ist.
Es ist Frühling, Seeschwalbeneier stehen auf der Tageskarte. Die Saison für Eier ist Kurz und gewöhnlich sind sie gegen Mittag ausverkauft. Ich freue mich darauf, ihn dazu einzuladen. Manchmal organisierten wir gemeinsam Eier, als es noch nicht so einfach war, sie außerhalb des Schwarzmarktes zu bekommen.
Er ist erstaunt, wie kurz die Fahrt vom Hauptbahnhof Reykjavik ist. Als Junge habe er für die Fahrt zu seinen Großeltern auf dem Land manchmal einen ganzen Tag nach Snaefellsnes gebraucht.
Ich schlage vor, dass wir uns zuerst ein Zimmer im Stundenhotel Borg nehmen. Wir zahlen und gehen ostwärts durch den Bahnhof. Im Kiosk am Ausgang kaufe ich uns noch ein bisschen Amphetamin aus lokaler Produktion, Hasch, Cola und Schokolade.
Das Stundenhotel Borg ist auf einer Säule errichtet. Die acht Meter hohen Räume haben alle die Form einer geöffneten Kammmuschel, sind aber sehr unterschiedlich eingerichtet. Ein Zimmer in 250 Meter Höhe ist frei. Der Lift in einer durchsichtigen Säule gleitet langsam mitten durch das Hotel. Die Zimmer kreisen um die Säule und die Aussicht aus dem Lift richtet sich nach ihrer jeweiligen Position.
Wir setzen uns auf die Fensterbank, nehmen etwas von dem Amphetamin, werden klar und weit, allmählich dreht sich die Perspektive des Fenster auf BORG.
Die Stadt ist in vier separaten Stadtteilen gebaut, jetzt erscheint Hallarmuli, ein Viertel mit etwa 220.000 Einwohnern. Er sagt, ich könne mir nicht vorstellen, wie sehr er das Kreisen um diese Säule mit mir genieße. Seit dem letzten Mal hätten sich bestimmt alle unsere Zellen erneuert, und doch sei es, als erwachten sie wieder zum Leben, und er fügt hinzu, “sie brennen mir buchstäblich auf dem Herzen.” “Die Hirn- und Nervenzellen sollen die ursprünglichsten sein.” Wir fügen uns ihrem Willen. “Wir hatten noch nie in solcher Höhe sex.” Sagt er fröhlich. “Es gab sie in Reykjavik einfach nicht. Der Turm der Hallgrimskirkja war das Höchste, aber wir haben uns nie überwinden können, es in dem Durchzug da oben zu tun. Gegen Mitternacht treibt uns die Neugier. Wir könnten laufen, aber das wurde einige Stunden dauern. Wir haben die Wahl zwischen dem Express und der entschleunigten Schwebebahn. Wir genießen es, durch die helle Nacht zu treiben, hoch über dem Großraum BORG.
Wir machen es uns in der Bar bequem, rauchen Zigaretten, trinken Egils und schauen durch den Boden des Zuges hinunter.
Weißt du, dass sich die Zahl der Wildgänse hier verdoppelt hat, seit mit der Bebauung begonnen wurde, trotz Jagd? Oder vielleicht auch gerade deswegen? Die anderen Vögel haben sich ebenfalls vermehrt. 2001 gab es nur ein einziges Adlerpaar im Borgafjördur, jetzt sind es sechs.
Von hier oben wirkt der Borgarfjördur sehr weit, größer, als er ist, da die Stadtviertel sehr dicht bebaut sind. Wir nähern uns Eldborg, seiner zukünftigen Station. Sein Haus befindet sich ganz am Rand des Stadtteils. Im Flächennutzungsplan war eine Reihe von halb öffentlichen Bauten vorgesehen, die in Kooperation mit der Universität entworfen werden sollten und als Pilotprojekt für bauliche Formung und Konstruktionstechnik gedacht waren.
Das Projekt sollte vermarktet werden, um Kapital zu beschaffen für die Realisierung und schließlich auch für die weitere Stadtentwicklung. Da wir für sein Haus kein Geld hatten, nutzte ich diese Gelegenheit. Das Haus ist deshalb auch ein Konzertsaal. Die Form ist von einer Schnecke abgeleitet, die auf Isländisch Stallakrota heißt, die lateinische Bezeichnung lautet Alvania angularis. Die Schnecke hat in der Natur eine Höhe von 5,5 Millimeter und ist 3,8 Millimeter breit. Bei akustischen Untersuchungen bemerkten wir einen erstaunlichen Sound in dieser Schnecke und entschlossen uns, sie entsprechen vergrößert zu bauen.
Wir nehmen den Lift hinauf zur Gleitbahn. Von der Plattform rutscht man hinunter in die verschiedenen Bezirke. Wir nehmen die Bahn nach Westen, sie ist die längste bisher gebaute Rutsche, ein technisches Meisterwerk. Wir setzen uns in einen Schlitten und gleiten los. Die Architektur des Schlittens ist wiederum die Vergrößerung einer Muschel, die Jon Bogason 1982 hier an der Küste entdeckt hat. Sie heißt auf Isländisch Agnarkolla, lateinisch Micropilina Minuta. Ihre Form wurde genau untersucht, da sie als ausgestorben galt, von ihr nur noch Versteinerungen erhalten wären. Als Jon sie hier fand, wurde allen klar, dass sie die ganzen Turbulenzen, an denen die Dinos eingegangen sind, überlebt hat.
“Ich sehe eine Schnecke, aber so groß wie das Hotel Borg in Reykjavik.”
“Wir sind da, hier ist der Schlüssel, willkommen in BORG.”
TURN-KEY

Seven years ago he asked me to build a house for him. Now it´s ready and he is coming to see it. We are supposed to meet in the Borg Central Train Station at around two p.m.
I wait for him in a café which is well adapted to the shell-like form of the train station, derived from the Cyprina Islandica.
It´s spring, and tern eggs are on the menu. The egg season is short, and usually they are sold out around noon. I´m happy that I can invite him for some. We used to organize eggs together, because they weren´t easy to get back then, apart from the black market.
He is amazed at how quick he trip was from Reykjavik. As a boy, it sometimes took a whole day to get to his grandparents in the country in Snæfellsnes.
I propose that we first take a room in Borg Hotel which has hourly rates. We pay and head east through the train station. In the kiosk at the exit, I buy hash, cola, chocolate and some locally produced amphetamines for us.
The Borg Hotel is constructed on a column. The rooms have 8 metre high ceilings and are all formed like opened scallops, but each have very different furnishings. A room in the 31st floor is available. The elevator in the transparent column slowly glides up and down right through the middle of the hotel. The rooms rotate around the column. The view from the elevator is dependant on their respective position.
We sit down on the window-sill, take some of the amphetamines, and get high.
Gradually the perspective of the window turns to BORG. The city is built in four separate sections, now Hallarmúli comes into view, a district with about 220,000 inhabitants. He says that I can´t imagine how much he is enjoying circling around this pole with me. By now, since our last rendez-vous, all of our cells must have been renewed, but it is as if they are all coming to life again, and he added, „They are literally burning on my heart”. We bowed to their will. „We never had sex in such a high altitude,” he said happily. „They just didn´t have it in Reykjavik. The tower of the Hallgrimskirkja was the highest, but we could never bring ourselves to do it with that draft up there.
Around midnight, curiosity got the better of us. We could have walked, but that would have taken several hours. We have the choice between the express and the decelerated suspension railway. We enjoy going through the white night, high over Greater Borg. We make ourselves comfortable in the bar, smoking cigarettes, drinking Egils, looking down through the bottom of the train. Did you know that the number of wild goose has doubled here since building started, in spite of the hunt? Or maybe just because of it? Other bird populations have also increased. In 2001 there was only one solitary pair of eagles in Borgarfjör_ur, now there are six.
From up here the Borgarfjör_ur seems very wide, bigger than it is, because the city district is so densely built. We are reaching Eldborg, his future station. His house is located just on the border of the district. In the land utilization plan, a row of semi-public buildings was planned, designed in cooperation with the university. It was thought of as a pilot project for building forms and construction technique. The project was to be marketed to raise capital for its construction and finally, for further city development. As we didn´t have any money for his house, I took that chance. That´s why his house is also a concert hall. The form is derived from a snail, which in Icelandic is called Stallakrota, the Latin term is Alvania angularis. In nature, it is 5,5mm tall and is 3,8mm wide. During acoustic experiments, we became aware of the astounding sound in this Stallakrota and decided to enlarge it accordingly.
We take the elevator up to the top of the slide. From the platform, one can glide down to the various districts. We take the slide directed westwards, up until now the longest one yet built, a technical masterpiece. We sit down on sleds and slowly glide off. The design of the sled is again the enlargement of a shell which Jon Bogason discovered here, alive, on the coast in 1982. In Icelandic it´s called Agnarkolla, in Latin Micropilina Minuta. Its form was carefully examined, as the Agnarkolla was thought to be extinct, extant only in a fosselized state. When Jon discovered the shell here, it became clear that it had survived all the turbulence which had killed off the dinosaurs. „I see a snail, one as big as the Borg Hotel in Reykjavik”. „Here we are, here is the key, welcome to BORG”.